Klartext von Kuntz


Klartext von Kuntz: „Wer unsere Ziele gefährdet, wird beim HSV keinen Spaß haben“

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Ein, zwei Spieler hätten sie gern noch abgegeben, ansonsten aber herrscht im Volkspark Zufriedenheit. Hinter Stefan Kuntz und Steffen Baumgart liegt die erste gemeinsame Transferperiode ihrer HSV-Zeit, intensive Wochen, in denen der Sportvorstand seinem Trainer viele Wünsche erfüllen konnte. Dabei herausgekommen ist das bezogen auf Breite und Tiefe wohl beste Aufgebot, das dem HSV jemals in seiner Zweitliga-Historie zur Verfügung stand. Ein Blick auf den Kader verdeutlicht: Selbst das B-Team der Hamburger wäre wohl in der Lage, um den Aufstieg mitzuspielen. Und doch lauern in der Kabine auch Gefahren, wie Kuntz weiß. Die MOPO analysiert, wer beim HSV jetzt erste Wahl ist und wer sich ab sofort hinten anstellen muss.

Ein wenig durchpusten während der Länderspielpause, das tut mal ganz gut. Am Wochenende dürfen die HSV-Profis pausieren, ehe es wieder in die Vollen geht. Nach anständigem Start in die Liga (sieben Punkte aus vier Partien) soll der dauerhafte Sprung in die Spitzengruppe gelingen. Schon jetzt dürfte klar sein: Baumgart wird von Woche zu Woche auf mehreren Positionen neu entscheiden, wen er zur Erfüllung der Ziele auf den Platz schickt.

HSV holte drei neue Spieler an den letzten Transfer-Tagen

Kuntz und Sportdirektor Claus Costa ließen es vor allem in der Vorwoche noch mal krachen. Mit Offensivmann Marco Richter (auf Leihbasis aus Mainz), Flügelflitzer Emir Sahiti (Split) und Abwehrmann Lucas Perrin (Straßburg) gelangen drei späte Transfers, die für Aufsehen sorgten. 26 Feldspieler stehen Baumgart aktuell zur Verfügung, der Großteil von ihnen mit der klaren Ambition, Stammspieler zu sein.

Schaut man sich den Kader genau an, kommt man mit etwas Tüftelei auf zwei starke Formationen, die gegeneinander antreten könnten (siehe Schema am Ende des Textes). Eine Spielerei, zugegeben. Sie basiert auf der Annahme, dass alle Spieler zeitgleich fit sind. Zudem fließt die Form der zurückliegenden Wochen mit ein. Das erklärt auf mancher Position die von der MOPO getroffene Wahl.

Für Baumgart ergibt sich eine spannende Aufgabe. Fast überall deuten sich Härtefälle an. Das beginnt im Tor, wo der wegen seiner Lungenentzündung wochenlang außer Gefecht gesetzte Matheo Raab sich seinen Stammplatz von Daniel Heuer Fernandes zurückerobern möchte. Vorerst ist Raab Herausforderer.

Perrin und Hefti drängen sich in der HSV-Startelf auf

Auch davor ist das Gedränge riesig. Bosniens Nationalspieler Dennis Hadzikadunic etwa könnte in Kürze seinen Stammplatz an Perrin verlieren, der als gestandener französischer Erstligaspieler zum HSV wechselte. Die Frage, ob Silvan Hefti oder Bakery Jatta auf der rechten Seite den Vorzug erhält, dürfte den HSV permanent begleiten. Der solide Hefti hat seine größten Stärken in der Defensive. Jatta kann dem Offensivspiel des HSV zu Tiefe und Überraschungseffekten verhelfen.

Ein besonders großes Gedränge deutet sich auf der linken offensiven Seite an. Im fitten Zustand dürfte Jean-Luc Dompé Platzhirsch bleiben, darf sich aber – anders als in der Vergangenheit – keine größeren Leistungsschwankungen mehr erlauben. Mit Sahiti und Fabio Baldé, einer der größten Überraschungen der Vorwochen, stehen gleich zwei adäquate Alternativen bereit.

Und vorn? Spielt Baumgart mit einem Mittelstürmer, ist Robert Glatzel gesetzt. Baut der Trainer auf eine Doppel-Spitze, stehen Davie Selke oder Ransford Königsdörffer parat. Baumgarts Vorteil: Je nach Gegner und Spielstand kann er jederzeit reagieren und seinem Team personell geben, was es braucht. Nicht im MOPO-Schema erwähnt sind fünf weitere Spieler (Oliveira, Suhonen, Yalcinkaya, Öztunali, Mikelbrencis).

HSV-Boss Kuntz ist zufrieden mit dem neuen Kader

Auch Kuntz schaut mit Wohlwollen auf den Kader. „Mit der ersten Transferperiode, die ich mitverantworte habe, bin ich zufrieden“, sagt der 61-Jährige. „Ich denke, dass uns eine Auffrischung gelungen ist, mit guten, vernünftigen Ideen und einer anderen Vertragsgestaltung.“

Diese neuen Strukturen sehen vor, dass der HSV künftig weniger Grundgehalt zahlt, Auflaufprämien ab einer bestimmten Minutenzahl aber erhöht werden. Dadurch steigern sich auch die Möglichkeiten, Spieler, die nicht wie gewünscht performen, an andere Vereine abzugeben. Diesbezüglich offenbarten sich nicht erst in diesem Sommer Probleme. Mehrere Wechselkandidaten beziehen ein derart hohes Grundgehalt, dass ein Abgang für sie schon aus finanzieller Sicht wenig reizvoll war.

Ein starker Kader, Konkurrenzkampf, sportliche und finanzielle Anreize. Gute Voraussetzungen – und dennoch: Die Masse an potenziellen Stammspielern könnte auch für Unruhe im HSV-Kader sorgen. Kuntz ist sich des Risikos bewusst. „Diese Gefahr ist bei allen Vereinen gegeben“, so der Europameister von 1996. „Mit Claus Costa, Steffen Baumgart und mir haben wir drei Ex-Profis in sportlicher Verantwortung, die ein gutes Gespür dafür haben, was in der Kabine passiert.“

Teamspirit steht beim HSV dieses Jahr an erster Stelle

Zudem ergänzte der HSV seinen Trainerstab in dieser Woche durch Baumgarts Vertrauensmann Kevin McKenna. Kuntz erklärt: „Auch aus diesem Grund macht die Verpflichtung zusätzlich Sinn. Er weiß genau, was Zusammenhalt auf und abseits des Platzes bedeutet, es hat ihn durch seine Karriere begleitet. Wer unseren Teamspirit dieses Jahr unterwandert, schlechte Stimmung verbreitet und damit unsere gemeinsamen Ziele gefährdet, wird beim HSV keinen Spaß haben.“

Dennoch bleibt abzuwarten, ob der veränderte Kader in Sachen Zusammenhalt in die Fußstapfen früherer Jahrgänge treten kann. Im Volkspark werden die Tendenzen wohlwollend aufgenommen. Gerade erst reisten sieben Profis nach Split, um dem wegen Dopings gesperrten Mario Vuskovic einen Besuch abzustatten. Auch ein Familien- sowie ein Mannschaftsabend fanden zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison bereits statt. Erste positive Zeichen.

Am Ende aber, das wissen auch Kuntz und Baumgart, zählen die Punkte und der Tabellenplatz. Die Voraussetzungen für ein gutes Abschneiden wurden geschaffen, das war allerdings in den sechs Zweitliga-Jahren zuvor nicht anders. Diesmal wollen sie den Aufstieg wuppen. Ein Kader, zwei Teams – und letztlich das langersehnte Happy End?

Das interne HSV-Duell um die Stammplätze:
A-Team: Heuer Fernandes – Perrin, Schonlau, Muheim – Hefti, Elfadli, Meffert, Dompé – Pherai, Richter – Glatzel
B-Team: Raab – Hadzikadunic, Heyer, Katterbach – Jatta, Poreba, Reis, Baldé/Sahiti – Karabec, Königsdörffer – Selke

Quelle: Mopo | Simon Braasch